Wenn einer eine Reise .... Wien 2006
Im März 2006 war meine Tochter zu Besuch in Leipzig.
Buchmesse, Opas Geburtstag und ihr eigener mit 24 Jahren.
Seit 2003 lebt sie in Österreich, davon bis 2005 in Hohenems und anschliessend in Wien. Sie ist examierte Krankenschwester und hier in Deutschland war die Ausbildung schon ein Problem, eine Anstellung noch schwerer. Selbst die Notrivizierung durch das
Regierungspräsidium Leipzig ist beamtlicher Seit's eine grosse Aktion. Letztendlich ist das ein Stück Papier, worauf bestätigt wird, das sie die Bezeichnung staatlich geprüfte Krankenschwester strafrechtlich und juristische ohne Verfolgung führen darf.
Also, wie es bei Besuchen ist, irgend wann beginnt die Rückfahrt.
Ich brachte also meine Tochter zum Bahnhof und an den Zug.
Leipzig war einmal der grösste Kopfbahnhof Europas, aber kluge Menschen habe die Gleise 24 - 26 zum Parkhaus umgebaut, nun ist er es nicht mehr.
Ihr Zug rollt ein und ich erstarre zur Säule. Besorgt wie meine Tochter ist und immer als Krankenschwester unterwegs, fragte sie, was mit mir sei.
Ich erklärte dann ihr, das ich gerade eine Möglichkeit sehe, nach Wien mit dem Warti zu kommen. Denn in meinem Keller stehen noch Bücherkisten von ihr.
Hinter der Lock befand sich ein Wagen für 8 PKW Stellplätze.
Der Zugbegleiter lief uns über den Weg. Und den haben wir gleich gefragt, was der Autotransport kostet. 79,00 Euro und Verladung in Berlin Wannsee. Von meiner Tochter wusste ich, das ein Liegewagenplatz im 6er Abteil 29,00 Euro bei der ÖBB und Sparschienetarif kostet.
Ich würde mir die Fahrt von ca. 700 km sparen und hätte einen Tag mehr in Wien.
Unsere Verabschiedung verlief positiver wie sonst.
Mit dem Warti nach Wien ? Der Gedanke liess mich nicht los.
Zu Hause dann im Internet nach geschaut und die Aussage des Zugbegleiters bestätigte sich. Unter http://www.db-autozug.de standen die Zugnummern, die Preis und die Abfahrtszeiten inclusive der Verladezeiten.
Wenige Tage später ruft meine Tochter an und sagt, sie habe vom 11.05. - 22.05. Dienstfrei.
Und bei IKEA in Wien habe sie schon Regale für die Bücher geordert. Irgend wie wurde der Gedanke nun Realität.
Ach ja, sie habe mit der Oma gesprochen, die kommt mit und beteiligt sich an den Kosten zu 50 %. Mit dem Warti nach Wien, 50 % Sponsoret bei Oma ( 75 Jahre jung ) ..., meine Tochter in Wien in ihrer Umgebung kennen lernen, ... geht nicht - oder die Liege beim Psychater hat bald einen neuen Kunden ....
Erst einmal schlafen - ein neuer Tag hat ein anderes Gesicht.
Als nächstes musste ich Klären, sind 2-Takter verboten ? Worauf achtet die Gandamerie in Austria ?
Meine Tochter hat bei 12 Stundendienst andere Sorgen. Sie kann ich nicht fragen.
Wen am besten Fragen ? Bei WartburgPeter im Gästebuch wurde ich fündig.
Den Herrn auch angeschrieben und wenig später erhalte ich klare und verständliche Auskünfte.
1. Fahre nie ohne Licht, kostet 60,-- Euro
2. Führe so viele Warnwesten mit wie Personen im KFZ sind - kostet 25,-- Euro
3. Warndreieck und Sanikasten ( Gültig ) nicht griffbereit - kostet 30,-- Euro
4. Verlassen des KFZ ohne Weste Ausserorts kostet 20,-- Euro pro Person
5. Ausserorts sofort das Warndreieck 25 m hinter dem KFZ aufstellen und bitte mit Weste - kostet 30,-- Euro
6. Steht eine Sehilfe im Führerschein, will der Gandarm das "Wechsel" sehen kostet unbekannt
Das wusste ich nun.
Meinerseit kam dazu :
AU und HU kopieren und mitführen, Rundumschlag am Warti mit allen Säften, Schmiernippeln usw.,
Zweitschlüssel bereitlegen und ADAC-Karte einstecken, Liste ausdrucken wer eine Karte bekommt usw.,
Handykarte auffrischen, Sparkonto plündern, Negativfilme kaufen ....
Oma ruft an, sie habe bei der DB die Fahrkarten bekommen und mit 137,00 Euro bin ich dabei für Hin - und Rückfahrt.
137,00 Euro für die Fahrt nach Wien, für 1,30 Euro pro Liter tanken sind 105 Liter Benzin. Mit 105 Litern komme ich ca. 1.200 km. Vielleicht auch weniger, aber allein die Strecke Leipzig - Wien-Leipzig ist 1.400 km. Wien liegt ca. 350 m über NN, der Warti mit den Kisten - aber ich fahre mit der Bahn und auf dem Hänger der ÖBB der Warti.
Der 11.05. rückte näher, kurze Rückfrage in Wien, geht alles Klar, wir können kommen.
Am 11. hektisches Treiben vor der Haustür. Warti zum Tourist umrüsten. Dann die Ersatzteile in den Zwischenboden. LIMA, Anlasser, Schläuche, Werkzeug, Kabel, Gelenkwelle, Bindedraht, Isolierband, diverse Schrauben, Unterlegscheiben und Muttern und Werkzeuge. Ja, lieber den 500er Hammer mitnehem wenn ich doch etwas brachialer zu Werke ehen muss, alles unter 500 Gramm ist eh nur eine Fliegenklatsche ....
Da fällt mein Blick auf den Glühlampenkasten. Wenn die Gandarmen in Austria den nicht sehen, was kostet das ? Also gleich Sicherungen, Radventile und die Birnen aufgefüllt ...
Der zweite Schreck. Soll ich meine hinteren Halogenbirnen 35 W drinlassen, sind ja nur für schlecht sehende deutsche Zündschlüsseldreher gedacht - ach was, wer weiss schon in Österreich, was in den alten Ostautos vor den vielen Währungsunionen und vor der Einführung des Euros incl. der ECE-Regeln verbaut wurde. Zur Not rede ich mich auf die TGL herraus ...
Nun auf die Ladefläche die Bücherkisten und noch verschiedenen Hausrat. Dürften so um die 250 kg gewesen sein. Im Vergleich zu meiner Diskoanlge fast das gleiche Gewicht.
Alles verstaut und noch ein letzter Blick unter die Haube, alles da, Keilriemen, Flüssigkeiten und Kerzenstecker auch fest, na dann noch einen Kanister mit destl. Wasser für den Fall, der nicht eintreten sollte, Flasche Fit und Waschpaste und ein Handtuch ....
Noch mein persönlichen Krimskram von Bärenfell bis Badeschlüpfer und die Kameraausrüstung.
Anruf bei meiner Mutter, vergiss nicht, 23:19 Uhr fährt der Zug und hoffendlich nicht ohne dich.
16:00 Uhr Zündschlüssel gedreht, Anlasser ratzt und spurt nicht ein ....
Auch das noch. 2. Versuch, da dreht sich der Motor, springt an und jetzt geht es doch nach Wien.
Bahnverladung ist in Wannsee von 19:00 - 19:30 Uhr, also 3 Stunden Zeit für 200 km. Autobahn, Zurückgeleht, Beine ausgestreckt, im Radio wird gerade der Titel " ... Haben sie Wien schon bei Nacht geseh'n ?" intoniert ..., recht haben die, nur woher die das Wissen ?
Also um die 96 - 105 km/h gleichmässig auf der rechten Fahrbahn, Baustelle und 60 km/h und 14 km lang, ich habe Zeit .... Vockerode die Brücke, endlich 2 x 2 Spuren, von 1959 - 1976 gab es nur 2 Spuren und es wurde gebaut, habe aber nie einen Bauarbeiter gesehen, hatten vielleicht Urlaub, Parteiversammlung oder Neuererkonferenz, wenn die 5-köpfige Familie mit einem 311er an die Ostsee in den 6-Wöchigen Campingurlaub fuhr wie jedes Jahr .....
Köselitz, Drewitz, da muss ich in Richtung Avus und dann war ich nach 2,3 Stunden am Terminal DB-Autozug. Vor mir steht einer mit HH - Kennzeichen, auch nach Wien. Kurz darauf hält hinter mir ein BMW mit B - Kennzeichen.
Dann kontrolle der Fahrkarten, Besichtigung der Schäden und Vermesseung der Höhe. Der Warti ist kleiner als 1,50 m, wusste ich noch nicht ...
Dann kurze Erklärung zum Ladevorgang, Anlauf auf die Schräge und der Warti rollt auf dem PKW-Wagen der ÖBB.
4 Verriegelungen vor und hinter den Räder und fertig, ja eigendlich schon in Austria auf dem Wagen ?
Dann wurde der Wagen von einer Rangielok vor den Zug gespannt und davor 2 E-Loks der Baureihe 241.
Mit 2 Loks im Doppelgespann und einem Sitzwagen, einem Schlafwagen und einem Liegewagen ?
Warum nicht, musste nur die Kamera verstecken, die DB hat die Ablichtung ihrer Anlagen nicht gern.
Dann 20:34 Uhr auf nach Leipzig, aber warum kommen die dort erst um 23:05 Uhr an ?
Zuerst sehe ich Berlin bei untergehender Sonne, Tiergarten, Ostbahnhof und Schönefeld ....
Dann Einfahrt in Leipzig und meine Mutter hat es doch geschafft. Gleich neben den Wagen mit dem Warti gestellt, Kamera herraus, Blende 1,8 und 1/60 sek. Belichtungszeit, sehr hell. Schnell ein paar Fotos, es könnte ja verboten werden...
Dann in den Liegewagen, sehr ruhige Fahrt und ich konnte Schlafen.
Um 08:30 Uhr klopfen an der Abteiltür, der Morgenkaffee wird serviert. Eigendlich kenne ich die Frauen vom Abend her die mir Morgens den Kaffee ans Bett bringen ...
Und wir fahren schon in Österreich.
Dann auch schon Wien - Westbahnhof. Einfahrt des Zuges, der ist aber lang geworden denn in Nürnberg wurde der Zug aus Düsseldorf angehangen, schnell die Tochter mit Freundin suchen und dann den Warti vom Wagen holen. Ist alles gut Organisiert und geht Reibungslos.
Vor mir rollte als erster der Herr aus HH vom Zug und ohne Licht. Ausfahrt aus dem Bahnhof, rechts herrum, Kelle HALT - Gandamerie, Ticket = 60,00 Euro und die "Einbahn" war zu, also hier Stop.
Der Zweite kam und ging eine Runde um den Warti und dann trat er an mein Fenster, grüsste und die Papiere zur Kontrolle. Licht aus, Motor aus und die Papiere übergeben. Die Fahrzeugidentnummer wollte er kontrollieren, also Motorhaube auf und dann bin ich zurück getreten. Das Schild rechts war von einem Putzlappen verdeckt also liess ich ihn suchen.
Nach einer Weile schaute er mich an und fragte : " Können Sie mir sagen, wo ist hier die Elektronik ?" Ich zeigte auf den Leistungteil der EBZA. Da konnte er lesen Mikroelektronik" - das musste etwas noch kleiners sein wie die Elektronik. Dann fragte er mich, ob der Tag der Erstzulassung wirklich der 10.01.1978 ist und sagte gleich weiter, da gab es in Österreich noch keine Autos mit Elektronik und schon gar keine mit Mikroelektronik. Das hätten die Herren von AWE hören sollen ...
Er suchte nach der Identnummer. Schaute mal noch rechts, mal nach links, dann viel die Mütze auf meinen treckigen Motor und da sah er nur 3 Zündkerzen. Gleich erklärte er mir, sein Auto habe 4 Kerzen. Pisastudie ? ... Ein Wissender unter uns ?
Einer der Spezies, der die Uhrzeit, wenn es 08:00 Uhr ist, erklärt, das der grosse Zeiger nach oben zeigt und der kleine Zeiger auf der Brezel steht ?
Also die Idetnummer gezeigt - eben den Putzlappen an seinen Platz geräumt.
Dann wollte er den Sanikasten sehen. Also unter den Sitz gefasst und das Teil ihm übergeben. An der Seite befindet sich ein Zettel mit dem Stempel der Polizeidirektion Leipzig, Kraftfarzeugstelle und das Gültigkeitsdatum ist bis 2008. Da sieht er mich an, straffte seinen Körper, Salutiert und übergibt mir den Kasten und Papiere und wünscht einen angenehmen Aufenthalt in Österreich. Ein wirklich netter Gandarm ....
Oma, Tochter und Freundin hatten das Beobachtet und nun auf zur Fahrt durch Wien.
Die Freundin also vorraus und ich hinter her. 4 spurige Strasse, Hupverbot in der ganzen Stadt, auch für Vorfartsberechtigte mit Blaulicht, schön Nett und Rücksichtsvoll mit einander, wie im 1. Paragraf der DDR-STVO steht.
Eine Baustelle, Methode Reissverschluss, noch nie hatte ich das so gesehen, eine Lehrvorführung ....
Und erst die Ampeln. Rot, dann Rot - Geb und 2 Sek. später Grün. Das reicht zum Schalten des 1. Ganges aus. Auch auf der Poleposition.
Und von Grün in Richtung Rot, da blinkt das Grün im Sekundentakt 4 mal, dann Gelb 2 Sekunden und dann Rot.
Und wo sind die netten unpersönlichen Fotografen ? Keine einzige Blitzampel gesehen !
Wir kommen an einem Gebäudekomplex vorbei, erinnert mich an die Goldkuppeln in Moskau. Wer denkt, es ist eine architektonische Rarität, der hat Recht. Herr Hundertwasser hat der Stadt eine Müllverbrennung in diesem Stiel gebaut !
Durch Stop + Go und fast nur Einbahnstrassen, der Elektrolüfter hinter dem Kühler neigt zum Dauerbetrieb, endlich in der Fultonstrasse in Friedersdorf, also Wien - Nordost. Fultonstrasse, wer war das ?
Hatte Fulton nicht mit einem Herrn Andrew das erste funktionierend Dampfschiff auf der Donau in Wien fahren lassen ? Nach 1805 ? Muss ich mal nachlesen aber jetzt bin ich angekommen, Parkplatz zu suchen hat keinen Zweck, gibt eh keinen. Nach 20 Minuten dann doch Glück gehabt. Auto ausladen, über Stiege 3 zu Top 25 gelange ich in die Wohnung meiner Tochter.
Nun bin ich angekommen und die 10 Tage Urlaub seit 10 Jahren können beginnen. Und der Warti ist dabei.
Am 26.03.1982 habe ich aus der Kinderklink in Leipzig meine Tochter ( 5 Tage alt ) mit dem Warti nach Hause gefahren, jetzt nach 24 Jahren ist er bei meiner Tochter in Wien.
DER GUTE, GUTE, ALTE WARTI !